NO LIMITS Festival Berlin
Disability & Performing Arts / 6.-16. November 2019
HAU Hebbel am Ufer, Theater Thikwa, Ballhaus Ost & Sophiensæle
Zum neunten Mal hebt sich in Berlin der Vorhang für NO LIMITS, Deutschlands größtes und wichtigstes Festival für Disability & Performing Arts.
Mit dem Wiener Choreografen Michael Turinsky übernimmt dabei erstmalig ein Künstler mit Behinderung die Co-Kuration des Festivals. Mit ihm rückt der Tanz in den Fokus des diesjährigen Programms und mit dem Tanz der Körper: den Blicken der Anderen ausgesetzt, utopisch, stigmatisiert, gegendert und rassifiziert, poetisch und politisch, schmerzempfindlich und verletzlich, eigensinnig, monströs, lustvoll, gefesselt, tierisch und pflanzenhaft, schweigend und im Dialog, allein und mit anderen, als Schauplatz psychiatrischer Erkrankungen, als Pinsel und Projektionsfläche, voll ungeahnter Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, mit einer eigenen Art von Gedächtnis. Mal Einhorn, mal Pflanze, mal so, wie er gerade nun mal ist, mal durch Hilfsmittel erweitert und ins Rollen gebracht oder an 20.000 heliumgefüllten Luftballons schwebend.
Besonders erfreulich: Die meisten der eingeladenen Produktionen werden von behinderten Künstler*innen selbst verantwortet, die damit die Kontrolle darüber übernehmen, auf welche Weise sie auf der Bühne repräsentiert sein wollen. Sie machen das Festival zu einem Labor produktiver Abweichungen, in dem Gegensätze und Differenzen aufeinanderprallen, Diskussionen auslösen und Energien freisetzen dürfen, zu einem Ort der Bewegung, des Innehaltens und der Begegnung.
"Clinamen [klīˈnāmən], zu deutsch: Abweichung. So nannte der Philosoph Lukrez in seinem Lehrgedicht über "Die Natur der Dinge" kleine, unvorhergesehene Richtungsänderungen der Elementarteilchen. Weil sie ihre vorgegebene gerade Bahn verlassen und mit anderen Atomen zusammentreffen, lassen sie die Welt der Dinge überhaupt erst entstehen. Abweichung in diesem Sinne also keineswegs Schädigung, Störung, beunruhigende Anomalie, sondern vielmehr: gute Laune der Natur, unverzichtbare Bedingung für die Entstehung von Neuem." – Michael Turinsky
Zu sehen gibt es Arbeiten aus über zehn Ländern und von vier Kontinenten, die aktuelle Fragen zu Kunst, Gesellschaft und Behinderung ästhetisch zuspitzen und zur Diskussion stellen.