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NO LIMITS Internationales Theaterfestival

NO LIMITS 2017 Plakatmotiv - Weinrote Hände halten Schilder und Transparente hoch. Darauf stehen die Spielorte.

Was ist politisch in den performativen Künsten von und mit Menschen mit einer Behinderung? Das Festival NO LIMITS sucht nach Strategien, wie Künstler*innen mit Behinderung politisch auf der Bühne wirken. Das kann eine direkte Reaktion auf das sich ankündigende verschärfte politische Klima sein. Das Politische kann sich aber auch durch die Behauptung einer Identität oder die Verteidigung einer Sprache äußern. Wie in„Jeden gest“ des polnischen Nowy Teatr, in dem Regisseur Wojtek Ziemilski nach dem ästhetischen Eigenleben der Gebärdensprache sucht. In „Luegen“, einem Gastspiel der Münchner Kammerspiele, kommunizieren eine hörende und eine gehörlose Schauspielerin über die Wahrheit.

„Tender Provocations of Hope and Fear“ fragt danach, wie wir zärtliche Verbindungen eingehen können, um ein neues Wir zu schaffen – auch über Labelgrenzen wie behindert oder nicht behindert hinweg. „Hypergamie“, Gewinner des Jury-Preises beim Favoritenfestival 2016, teilt das Publikum in eine behinderte und eine nicht behinderte Hochzeitsgesellschaft – mit einschneidenden Folgen.

Zuweilen wird das Theater mit Künstler*innen mit Behinderung auch in unerwarteten Momenten politisch – wie beim „Besuch der verknallten Dame“ von Das Helmi feat. Theater HORA, wo die verführerische Macht des Geldes in einen Zombierausch mündet. Oder wie in „Meet Fred“ des walisischen Hijinx Theatre, wo eine hinreißend menschliche Puppe an der Härte der Gesellschaft zu scheitern droht. Wenn die Hijinx-Performer*innen zudem mit weiteren Musiker*innen zum Abschlusskonzert auf der Ballhaus-Bühne stehen, dann ist das zunächst ein schönes wie ungewöhnliches Musikereignis, aber auch die Verwirklichung einer Utopie, die politische Sprengkraft besitzt.

Die politische Wirkung von „Disabled Theater“ von Jérôme Bel und dem Zürcher Theater HORA wiederum ist längst bewiesen: Die Produktion war 2012 Teil des Auftaktwochenendes zur HAU-Neueröffnung, wurde hier auch beim Theatertreffen 2013 gezeigt und kehrt nun, nach zahlreichen weltweiten Gastspielen, ein letztes Mal ans HAU zurück. Keine andere Inszenierung mit Künstler*innen mit Behinderung wurde international so wahrgenommen und diskutiert wie diese. Bei NO LIMITS erlebt sie ihre beiden endgültig letzten Vorstellungen!
Wo „Disabled Theater“ mit Biografien und Identitäten jongliert, beeindruckt „Von den Amöben zum Bösen – Die Show“ von Meine Damen und Herren aus Hamburg durch ihre anarchische Kraft und „The Hype“ von SEE! durch die hypnotische Energie der Sechs-Stunden-Performance.

Politisch ist immer noch, wenn Text und Regie von einem Künstler mit geistiger Behinderung stammen. Wie im Fall von Dennis Seidel, der vor zwei Jahren bei NO LIMITS mit einer eigenen kleinen Arbeit für einen Festivalhöhepunkt sorgte. In diesem Jahr wird sein neues Stück „Der Tag, an dem Kennedy ermordet wurde und Mimmi Kennedy Präsidentin wurde“ bei NO LIMITS seine Uraufführung erleben. Eine weitere Uraufführung zeigt tanzbar_bremen mit „touch me“ über die Kraft von Berührungen, während Danza Mobile & Yugsamas Movement Collective in ihrem Tanzabend „Where is down?“ Unterwelt und Down-Syndrom kurzschließen und Sehgewohnheiten infrage stellen. Zudem macht die australische Gruppe Back to Back bei NO LIMITS Station, um in Workshops einen Teil ihres neuen Filmprojekts „RADIAL“ zu drehen und das Ergebnis am Ende in einem öffentlichen Screening zu zeigen.

Um Gemeinschaft geht es auch beim international besetzten Symposium „Take Care“: Wie gelingt es uns, auf die Herausforderungen einer Gesellschaft zu reagieren, die insbesondere Menschen mit Behinderung zuweilen ziemlich unfreundlich gegenübersteht? Das Symposium stellt Formen des Artivism und Strategien der Selbst-Fürsorge vor und entwickelt sie gemeinsam mit den Teilnehmenden weiter. Am Ende könnte eine Utopie stehen – oder konkrete politische Maßnahmen.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!